12 Folgen, Folge 1–12

  • Folge 1
    ZDF-Reporter Jochen Breyer fühlt Deutschland vor der Wahl den Puls. Mit einer ganz einfachen Frage: „Was stört Sie an Deutschland?“ Er will wissen, was die Menschen bewegt. Eine Kampagne in den sozialen Netzwerken ist die Grundlage für die große Wahldokumentation. Jochen Breyer besucht einige der Menschen, die ihm unter #wasmichandeutschlandstört geschrieben haben. Deutschland geht es so gut wie nie, wenn man etwa die wirtschaftlichen Daten betrachtet. Und trotzdem gibt es auch hierzulande unzufriedene Bürger. Menschen, die mit diesem Land und mit seiner Politik nicht mehr einverstanden sind. Menschen, die sich abgehängt, nicht verstanden fühlen „von denen da oben“, die sogar dem System nicht mehr trauen.
    Aber wissen wir wirklich, warum sie hadern und unzufrieden sind? Was könnte man besser machen? Diese Fragen treiben Jochen Breyer um. Er fragt, was die Menschen an Deutschland konkret ärgert. Ganz offen und unvoreingenommen – egal, ob es um Gerechtigkeit, Altersarmut, Flüchtlinge oder um Infrastruktur-Probleme in einer Gemeinde geht. Zum Start des Aufrufs in sozialen Medien ist bereits ein großes Interesse auf Facebook und Twitter zu erkennen. Es wird thematisch breit diskutiert, neben kritischen Stimmen kommen auch viele positive Kommentare. In seiner Dokumentation ordnet ZDF-Moderator Jochen Breyer die Sachverhalte aber auch ein: Die Themen, die ihm auf seiner Reise begegnen, werden mit Hilfe von Experten aufgegriffen und vertieft. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDo 10.08.2017ZDF
  • Folge 2
    In dieser Woche beginnt die Fußball-WM. Viele schwenken dann wieder Fahnen, malen Schwarz-Rot-Gold auf ihre Wangen. Doch was ist für uns deutsch? Dem geht ZDF-Moderator Jochen Breyer nach. Wieder ist eine Kampagne in den sozialen Netzwerken die Grundlage der Dokumentation. Der Aufruf mit dem Hashtag #wasfuermichdeutschist hat einen Nerv getroffen: Über 30 000 Zuschriften haben Jochen Breyer und sein Team per Mail, Facebook und Twitter erreicht. Natürlich waren auch sie dabei, die deutschen Klischees: Brot, Bier und Pünktlichkeit.
    Sehr, sehr viele Menschen haben auch intensiver diskutiert – über Deutsch-Sein, Demokratie und Grundgesetz, über Patriotismus und „German Angst“, über Religion und den Wert von Gemeinschaft. Die besonders häufig genannten Themen hat das Team um Jochen Breyer aufgegriffen und die „Kommentatoren“ zu Hause besucht. Das Ziel: nicht nur abstrakt diskutieren, was deutsch ist, sondern vor Ort erleben, was für die Menschen deutsche Identität ausmacht, was aus ihrer Sicht dazugehört und was nicht.
    Walter Lehr begegnet Jochen Breyer in dessen Haus am Waldrand, mit der Deutschland-Fahne im Garten. Der Rentner ist stolz darauf, Deutscher zu sein: „Man kann sich hier nicht beklagen. Alles sauber, ordentlich, wunderbar.“ Doch ihn stört, dass in Deutschland, als christlich geprägtem Land, immer mehr Moscheen gebaut würden. Seine größte Angst: „dass das Multikulti überhandnimmt. In der nächsten, übernächsten Generation gibt es vielleicht kein Müller, kein Meier und Schmidt mehr“, drückt er seine Sicht auf die Lage im Interview mit Jochen Breyer aus.
    Meral Sahin lebt in der Kölner Keupstraße. Sie ist in Deutschland aufgewachsen, ihre Eltern kommen aus der Türkei. Was für sie deutsch ist? „Der Deutsche ist genau, ehrlich, direkt. Manchmal zu direkt. Manchmal tut das weh.“ Meral Sahin will zusammenbringen, setzt sich ein für Verständigung und Integration. Auf Horst Seehofers Aussage „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“ entgegnet sie: „Wir verlieren ganz wertvolle Zeit, uns mit diesen Dingen zu beschäftigen, statt zu überlegen: Wie machen wir das Beste daraus?“ Bei Peter Köhler erlebt Jochen Breyer, was es für den Lkw-Fahrer heißt, Deutschland aus dem Führerhaus zu erleben.
    Deutsch ist für ihn: „Sicherheit für Bürger, die es leider nicht mehr gibt.“ schrieb er dem ZDF. Die Branche, in der Köhler arbeitet, ist durch ausländische Konkurrenz stark unter Druck. Auch er hat Angst, seinen Arbeitsplatz zu verlieren. Über das deutsche Sozialsystem sagt er: „Ich denke, Hartz IV ist ein Mittel, um die Leute bei der Arbeit zu halten.
    Diese Angst ist ein gutes Instrument. Jeder hat Angst, krank zu werden, jeder hat Angst, seine Arbeit zu verlieren.“ Der Lkw-Fahrer glaubt nicht mehr an eine unabhängige Berichterstattung in Deutschland. Er informiert sich über das Internet, erzählt er. In Böblingen trifft Jochen Breyer Petra Amann. Sie sagt, sie habe noch nie auf einen Aufruf dieser Art geantwortet, das Thema aber sei ihr wichtig. Normalerweise gibt Petra Amann Coachings. Ehrenamtlich versucht sie, Flüchtlingen Werte und Normen unserer Gesellschaft zu erklären.
    Denn: „Das eine, was wichtig ist, um Integration stattfinden zu lassen, ist die Sprache. Aber sehr wohl eben auch: Wie gehen wir miteinander um? Und da sind wir wieder bei den Werten und den Regeln“, sagt sie im Interview mit Jochen Breyer. In einem ihrer Workshops trifft Breyer auf zwei Flüchtlinge. Wessam Al-Dabbas aus Syrien und Abdulie Secka aus Gambia. Beide sind seit etwa zwei Jahren in Deutschland. Deutsch sind für Wessam vor allem Vorschriften: „Die Regeln in Deutschland sind nicht so einfach, weil sie so viele haben.“ Bevor er nach Deutschland gekommen ist, habe er bei Deutschland vor allem Autos im Kopf gehabt.
    Inzwischen möchte er hier leben, eine Ausbildung machen und Kfz-Mechaniker werden. Viele Zuschauer fanden es „typisch deutsch“, überhaupt über diese Frage zu diskutieren. Aber: Warum fällt es so schwer, konkret zu bestimmen, was deutsch ist? Warum fällt es so leicht, über das zu sprechen, was uns trennt, aber so schwer, das Verbindende zu benennen? Für Autor Peter Siebenmorgen liegt allem ein verkrampftes Verhältnis zum Deutsch-Sein zugrunde: „Einfach, weil mit diesem Begriff so viel an schlechter Geschichte mitschwingt, dass man sich eigentlich fast nur die Finger verbrennen kann, wenn man sich auf ihn bezieht.“ Trotzdem sei eine Debatte notwendig, meint auch der Politologe Yascha Mounk, der den Nationalismus als „halbwildes Tier“ sieht: Es mache mehr Sinn, „es zu bändigen, als es sich selbst zu überlassen“.
    Jochen Breyer sucht das Gespräch: offen, direkt, unverblümt. Und zeichnet auf diese Weise ein spannendes Bild von Deutschland im WM-Sommer 2018. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereMi 13.06.2018ZDF
  • Folge 3
    Politik kreist um sich selbst, ist abgehoben: Dieser Tenor zieht sich wie ein roter Faden durch die Nachrichten, die Moderator Jochen Breyer zum Hashtag #wasdiePolitikfalschmacht erhalten hat. Eine Kampagne in den sozialen Netzwerken ist Grundlage der Doku. Tausende haben auf den Hashtag geantwortet – einige hat der Moderator herausgegriffen und hautnah erlebt, was für die Menschen schief läuft in Sachen Gerechtigkeit, Mieten und Rente. „Es ist immer das Gleiche: Die da oben wissen nicht mehr, was da unten läuft“, schrieb etwa Physiotherapeut Eberhard S. aus dem Landkreis Cham.
    Er beschäftigt 30 Mitarbeiter in drei Filialen. Eine aber musste der 63-Jährige bereits schließen – weil er die freien Stellen nicht besetzen kann: Zu viel Arbeit, zu wenig Fachkräfte; dazu Bürokratie und miserables Internet – es ist ein ganzes Bündel ungelöster Probleme, das den Physiotherapeuten frustriert. Er fühlt sich allein gelassen und von der Politik vergessen. Denn „die da oben denken nur von Wahl zu Wahl“. Ein anderes großes Thema in den Tweets, Kommentaren, E-Mails: die Rente. „Ich will kein Millionär werden. Aber ich will für 40, 45 Jahre Arbeit auch ein Rentnerleben in Würde führen“, bringt es Hursit K. auf den Punkt.
    Seit 27 Jahren arbeitet er für einen Textilbetrieb im Schichtbetrieb. Seine große Angst: Dass die Rente später einmal nicht reicht, er nebenher arbeiten gehen muss, um über die Runden zu kommen. „Und das ist nicht in Ordnung, da muss sich was ändern!“ Aufrütteln, einen Denkzettel verpassen – diese Haltung ist Jochen Breyer auf seiner Reise quer durch Deutschland, durch ganz unterschiedliche Milieus, häufig begegnet. „Der Kinnhaken, den es bei den letzten Wahlen gegeben hat, muss nun wirklich aufrütteln“, bestätigt auch Michael Brand.
    Er ist der CDU-Bundestagsabgeordnete in Hursits Wahlkreis Fulda. Seine Schlussfolgerung: ein stärkerer Dialog: „Politik und Medien müssen einen Kurwechsel vornehmen. Dieses Um-sich-selbst-drehen führt dazu, dass sich die Leute entsetzt abwenden.“ Auch André M. hat Jochen Breyer geschrieben. Die beiden treffen sich in Berlin-Friedrichshain, wo der 38-Jährige früher gewohnt hat. Leisten kann er sich das Viertel heute nicht mehr: „Zeigen Sie mir mal den, der hier Bäckereifachverkäufer ist und der sich diese Quadratmeterpreise hier leisten kann.“ Mit seiner Frau Andrea verdient der Steuerfachgehilfe zu wenig, um sich eine Innenstadt-Wohnung leisten zu können.
    Und zu viel, um Wohngeld zu beziehen. Sie leben inzwischen eine Stunde außerhalb der Hauptstadt. Und auch wenn das Geld immer irgendwie reiche, „fühlt man sich doch wie ein Hamster im Laufrad.“ Ihr Wunsch an die Politik: Mehr Absicherung, mehr Interesse an ihrem Alltag und ihren Sorgen, damit die Angst vor der Zukunft nicht ganz so groß ist. Unterwegs „am Puls Deutschlands“ sucht Jochen Breyer das Gespräch: offen, direkt, unverblümt. Und zeichnet auf diese Weise ein spannendes Bild von davon, was die Politik gegenwärtig falsch macht. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereMi 05.12.2018ZDF
  • Folge 4 (45 Min.)
    Jochen Breyer erkundet die Stimmungslage in Deutschland und stellt Bürger vor, die von Europa profitieren, aber auch Menschen, die an der europäischen Integration scheitern. (Text: ZDF/LR)
    Deutsche TV-PremiereDi 21.05.2019ZDF
    TV-Premiere erfolgte in der Sendung "Wie geht's, Europa?"
  • Folge 5
    Was sollte im Osten Deutschlands anders laufen? Was stört die Menschen, was wünschen sie sich von der Politik? Das will Jochen Breyer vor den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen wissen. Tausende Nachrichten hat Jochen Breyer auf den Hashtag #wasmichimostenstoert erhalten. Und sehr häufig ging es um das Ost-West-Verhältnis: Viele fühlen sich falsch dargestellt, über einen Kamm geschoren, vom „arroganten Westen“ abgestempelt als „Jammer-Ossis“. „Menschen aus dem Westen sehen uns nicht als gleichwertige Menschen an“, sagt etwa Rentner Harald F. aus Leipzig. „Das Beste, was man kriegen kann, ist eine joviale Herablassung.“ Ähnlich empfindet auch Lehrerin Marika B: Seit Jahren muss sie sich „Ost-Kommentare“ anhören, geht dann bewusst in die Diskussion, versucht Brücken zu bauen und resigniert doch immer öfter.
    „Man könnte sich einen Nationaltrainer vorstellen, der vielleicht ’ne dunkle Hautfarbe hat oder türkischer Abstammung ist – aber einer, der sächselt? Niemals! Und das Schlimme finde ich ja tatsächlich, dass das in mir selber auch so drin ist.“ „Ich halte den innerdeutschen Konflikt für wesentlich“, bestätigt Schriftstellerin Jana Hensel im Gespräch mit Jochen Breyer: „Wenn man viel im Osten unterwegs ist, hört man immer diesen Unterton.
    Sehr viele Ostdeutsche empfinden sich als Bürger zweiter Klasse.“ Manche, die auf den Hashtag #wasmichimostenstoert geantwortet haben, fühlen sich aber auch abgeschrieben und vergessen. Etwa Uwe Andreas. Seit seiner Kindheit lebt er in einem brandenburgischen Dorf unweit der polnischen Grenze: Die Schule gibt es nicht mehr, der Busbetrieb ist in den Ferien eingestellt. Und die Landstraße wurde in den letzten Jahrzehnten höchstens notdürftig ausgebessert. Bei der letzten Bürgermeister-Wahl hat Andreas sich aufstellen lassen, weil es im 500-Seelen-Ort sonst nur einen Kandidaten der AfD gegeben hätte: „Die Menschen auf dem Land fühlen sich vergessen und verraten.
    Da kommt vielen die AfD gerade zur rechten Zeit“, sagt der Bürgermeister. Das bestätigt ein Rentner beim örtlichen Seniorentreff: „Die Menschen hier haben Frust – und wenn das passiert, dann wählen sie AfD. Ich hab auch AfD gewählt. Nur aus Frust.“ Ungleichheit und Frust, Vorurteile und Verletzungen auch noch 30 Jahre nach dem Fall der Mauer: Die Dokumentation „Am Puls Deutschlands“ zeichnet ein eindringliches Bild Deutschlands – dieses Mal mit Fokus auf die östlichen Bundesländer. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereMi 14.08.2019ZDF
  • Folge 6
    Was ist Freiheit? Was bedeutet sie uns ganz persönlich? Wie frei leben wir – und wo sind wir nicht frei? Das zeigt Jochen Breyer mit der Dokumentation „Am Puls Deutschlands – #unserefreiheit“. #unserefreiheit ist die größte Social-Media-Kampagne in der Geschichte des ZDF zu den beiden Jubiläen 70 Jahre Grundgesetz und 30 Jahre Mauerfall. Tausende Nachrichten haben Jochen Breyer und sein Team erreicht und werden im Film gebündelt. Der Reporter und sein Team erzählen ganz persönliche Geschichten zu ganz unterschiedlichen Arten von Freiheit.
    Und von Konflikten, die daraus entstehen können. Etwa aus dem hessischen Mittelrheintal: Für die Motorradfahrer dort bedeutet Freiheit, draußen unterwegs zu sein, Wind im Gesicht, den kräftigen Sound von Harley & Co.im Ohr. Doch die Freiheit des einen ist nicht zwangsläufig die Freiheit des anderen: Sonja H. macht der Lärm der Motorradfahrer krank: „Wir können uns manchmal draußen nicht mehr unterhalten. Und bergab sind dann auch noch Fehlzündungen dabei … mir sträuben sich die Nackenhaare.
    Weil ich einfach so wütend bin, dass man sich gar nicht dagegen wehren kann.“ Alle zwei, drei Minuten fährt an Spitzentagen ein Motorrad durchs Dorf. Offiziell gilt Tempo 30, doch kontrolliert wird nur selten. Von der großen, der ganz existenziellen Freiheit hat Jürgen K. unter #unserefreiheit geschrieben. Wegen „staatsfeindlicher Hetze“ saß er insgesamt zwei Jahre in einem DDR-Gefängnis. Der 72-Jährige hatte regimekritische Kurzgeschichten geschrieben und in den Westen geschickt.
    „Das Schlimmste, was die einem hier angetan haben, ist: Die nehmen Ihnen Ihre Würde. Einmal hab ich mich hingeschmissen und den Vernehmer angefleht. Sie verlieren völlig Ihre Menschenwürde. Und das wirkt später noch nach. Posttraumatisch.“ Heute lebt Jürgen K. in Leverkusen. Doch er kehrt immer wieder nach Magdeburg zurück. Als Zeitzeuge gibt er Führungen durch das einstige Stasi-Gefängnis. Um darin zu erinnern, was Diktaturen ausrichten, wie sie Freiheit beschränken. Ein großes Thema der Social-Media-Aktion war auch die Frage, wie viel Freiheit unser Planet verträgt – ob wir uns einschränken müssen: weniger Fleisch, weniger Fliegen, weniger Konsum? „Ich tue, was ich kann: Müll sammeln und recyceln, upcyceln, Kleidung lange tragen“, hatte Alexa P. zu #unserefreiheit geschrieben.
    Es sind kleine Schritte, die Alexa mit ihrer Familie macht. Schritte, die vielen anderen vermutlich längst nicht weit genug gehen. Doch auch Verbote hält die junge Mutter für sinnvoll: „Wenn ich den Herstellern alles überlasse, dann lassen sie sich gerne Zeit.
    Aber ich glaube, so viel Zeit haben wir gar nicht mehr. Das ist wie die Erziehung meines eigenen Kindes. Wenn ich der alles durchgehen lasse, wenn sie alles darf, dann macht sie auch alles, was sie will. Dann funktioniert aber unser Zusammenleben nicht. Und ich denke auch, dass wir uns Grenzen setzen müssen.“ Jochen Breyer trifft für die Dokumentation #unserefreiheit auch einen unheilbar Kranken, der sich die Freiheit des wirklich selbstbestimmten Sterbens wünscht. Einen Aussteiger, der sich auf das Wesentliche konzentriert, alles ausmistet, was er nicht braucht, und in einem Camper lebt.
    Sowie eine Transsexuelle, die sich von den Behörden in ihrer Freiheit eingeschränkt fühlt. Deutlich wird: Es gibt nicht die eine Freiheit, sondern unzählige Ausprägungen. So vielfältig wie das Leben selbst. Jochen Breyer führt packende Gespräche mit denen, die stellvertretend zu einem bestimmten Freiheitsaspekt geschrieben haben. So entsteht ein spannendes Bild mitten aus der deutschen Gesellschaft in der mittlerweile sechsten Ausgabe der Sendereihe „Am Puls Deutschlands“. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDo 03.10.2019ZDF
  • Folge 7
    Was nervt Sie am Klimastreit? Und verändert die Corona-Krise die Klimadebatte? Jochen Breyer will das wissen und trifft Menschen mit unterschiedlichen Meinungen. Unter dem Hashtag #wasmichamklimastreitnervt diskutierten Tausende: Die Politik tue zu wenig, finden die einen – andere wollen sich nichts verbieten lassen. Was nervt die eine, was die andere Seite an der Klimadebatte? Das Team um Jochen Breyer hat alle Nachrichten gelesen und einige der Teilnehmer besucht – dann kam Corona. Das öffentliche Leben steht still, kaum mehr Flüge, weniger Autoverkehr, weniger Fabriken in Betrieb – allein in China 25 Prozent weniger CO2-Ausstoß.
    Doch der Klimastreit ist ja dadurch nicht weg. Deshalb hat Jochen Breyer Menschen, die sich am Aufruf beteiligt haben, auch aktuell per Videotelefonie gefragt: Was ändert Corona an der Klimadebatte? Noch vor zwei Monaten war die Diskussion in vollem Gange. Millionen Menschen gingen auf die Straße, um für mehr Klimaschutz zu demonstrieren. Jochen Breyer trifft einen von ihnen per Videochat.
    „Würde die Politik die Klimakrise als solche anerkennen, gäbe es gar keinen Streit mehr“, hat ihm der 17-jährige Jaromir Schmidt geschrieben. Er engagiert sich bei Fridays For Future in Berlin. Seine Forderung: Deutschland soll als gutes Beispiel voran gehen. Was er als Chance begreift, halten andere für naiv – und gefährlich. So sieht das Volker Sämann. Ihn nerve, dass „fast nur naive Jugendliche und linke und grüne Spinner zu Wort kommen, denen es nur darum geht, Deutschland zu zerlegen“, hatte er geschrieben.
    Der 71-jährige ehemalige Banker fragt, ob Deutschland tatsächlich alleine die Welt retten kann – und sollte. Jochen Breyer möchte die beiden gegensätzlichen Positionen zusammenbringen – was passiert, wenn der junge Aktivist und der Pensionär aufeinandertreffen? Bei Breyers Begegnungen wird klar: Das Thema Klima emotionalisiert. Auch Menschen wie Jörg Dahm. Für die Energiewende ist die Windenergie ein wesentlicher Bestandteil, für Jörg Dahm Anlass zur Kritik: Rund um sein Haus wurden Windräder gebaut.
    „Sobald die anfangen zu drehen, wird man innerlich unruhig“, sagt er. Jochen Breyer besucht auch die Kohlekumpel Klaus Emmerich und Michael Müller, die seit den 80er Jahren im Tagebau Garzweiler arbeiten. Ihr Wunsch: Mehr Akzeptanz, Zeit und Ruhe, um die Energiewende zu stemmen. „Warum kann die Politik nicht klarere Richtlinien erstellen?“ „Warum wird so viel Verantwortung auf den Verbraucher abgewälzt?“ „Warum wird die Industrie nicht stärker in die Pflicht genommen?“ Diese Fragen ziehen sich wie ein roter Faden durch die Nachrichten, die Jochen Breyer erhalten hat.
    Auch Nicole Staub-Demaria wünscht sich klarere Richtlinien. Sie möchte für ihre Kinder ein Vorbild sein und wirkungsvoll nachhaltiger leben. Doch viel zu oft weiß sie nicht, wie: Was ist zum Beispiel besser fürs Klima: Tetra-Pack, Glas- oder Plastikflasche? Für Breyer ist am Ende des Films klar: Was jeder einzelne macht, ist wichtig. Doch die Corona-Krise lehrt auch: „Eine globale Krise wie die Klimakrise können wir nur gemeinsam bewältigen.“ (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereMi 22.04.2020ZDF
  • Folge 8
    ZDF-Moderator Jochen Breyer fühlt Deutschland zum achten Mal den Puls. Dieses Mal hat er mit Menschen in ganz Deutschland darüber geredet, welche Folgen die Corona-Pandemie für sie hat. Unter dem #wiemichCoronazermuerbt sind Geschichten der Zuschauer und User gesammelt worden. Am häufigsten genannt wurden die Aspekte Verdienstausfall, Schulschließungen, Zukunftssorgen und Kritik an den Maßnahmen. Mitte März 2020 stand das Leben für viele Deutsche auf einmal still. Kontaktsperre, Schulschließungen, geschlossene Geschäfte – Maßnahmen, die das Land und die Menschen noch nie zuvor erlebt haben.
    Nach Ostern wurde klar: Der Weg zurück wird länger dauern, als alle erwartet haben. Gerade die fehlende Perspektive hat viele Zuschauer und User bewegt. Das war an den Tausenden Facebook-Posts und Hunderten Einsendungen per Mail abzulesen. Noch nie in der Geschichte der Doku-Reihe haben Jochen Breyer und das Team der Redaktion so viele hoch emotionale Schilderungen von Zuschauern erreicht. Viele Menschen schrieben ausführlich von ihrer persönlichen Lage. Dass der berühmt gewordene Satz „Es ist kein Sprint, sondern ein Marathon“ wie eine dunkle Wolke über den allermeisten zu hängen scheint, wurde seit Beginn des Aufrufs für die Dokumentation klar.
    Viele Zuschauer beschreiben sehr eindringlich, welche Folgen für sie finanziell, sozial, im Kleinen wie im Großen mit den Einschränkungen verbunden sind. Manche kritisieren, dass Kinder einen zu hohen Preis während des Shutdowns zahlten, andere kämpfen wegen Einnahmeausfällen schlicht um ihre Existenz. Das gilt für Kleinunternehmer wie Jörn Müller, Veranstaltungstechniker, ebenso wie für Beate Weber, die seit Jahren in einem Hotel arbeitet, das vor allem durch Tagungen sein Geschäft macht.
    In ihren Branchen ist nicht absehbar, wann sich die Lage wieder normalisiert, sind Sorgen bei Arbeitgebern wie Angestellten vorhanden, musste Jochen Breyer erfahren. Für mehr Rechte und Aufmerksamkeit für Kinder in Deutschland erheben Sabine Kohwagner und Michael Groß ihre Stimmen. Ob Schulschließungen oder Besuchsverbote in Kinderheimen – beide kritisieren, dass den Jüngsten in Deutschland keine ausreichende Lobby in der Corona-Pandemie zur Seite stand, die „Kollateralschäden“ nicht ausreichend von der Politik beachtet wurden.
    Doch einigen gehen die verordneten neuen Regeln wie Maskenpflicht auch zu weit: Hagen Smägk lehnt das Tragen einer Gesichtsmaske ab, und das, obwohl er selbst zur sogenannten Risikogruppe aufgrund seines Alters und seiner Vorerkrankung gehört. In der Dokumentation können nur wenige Fälle, die exemplarisch für die meist genannten Themen standen, gezeigt werden. Die Zuschriften über die sozialen Netzwerke sind sichtbar und nachlesbar auf der Website: ampulsdeutschlands.zdf.de (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereMi 24.06.2020ZDF
  • Folge 9
    Im August 2015 sagte Angela Merkel zum Thema Integration: „Wir schaffen das!“ ZDF-Reporter Jochen Breyer will wissen: Haben wir es geschafft? Was läuft gut, was schlecht? Das Feedback auf #5JahreWirSchaffenDas zeigt: Der Umgang mit Flüchtlingen bewegt noch immer. Viele finden, der Staat müsse stärker durchgreifen und Straffällige konsequenter abschieben. Andere finden, dass die Gesellschaft seit 2015 rassistischer geworden sei. ZDF-Reporter Jochen Breyer trifft für die Dokumentation der Reihe „Am Puls Deutschlands“ etwa Muawjah F. 2015 ist er als unbegleiteter Jugendlicher aus Syrien geflohen, lebt heute im brandenburgischen Eberswalde, hat gerade Abitur gemacht und will Medizin studieren.
    Doch wirklich angekommen fühlt er sich nicht in Deutschland: „Ich habe Angst, dass ich etwas Falsches mache. Die Fehler, die ich mache, zählen bei mir mehr als bei anderen.“ Nach der Kölner Silvesternacht würden Geflüchtete von vielen in einen Topf geworfen. Das erzählen auch die syrischen Brüder Bilal und Mohamad Al S.: Es interessiere die meisten nicht, wer sie seien.
    „Sie gucken einfach: dunkle Haare, dunkle Haut. Der ist Ausländer.“ Bilal hat inzwischen eine Ausbildung zum Zahntechniker abgeschlossen, und Mohamad arbeitet in einem Malerbetrieb. Susanne R. aus Nortorf in Schleswig-Holstein hat den Brüdern geholfen, ihren Platz in Deutschland zu finden. Ehrenamtlich. Der Staat, so glaubt Susanne R., könne keine individuell passenden Lösungen für Geflüchtete finden. Deshalb sei das Ehrenamt so wichtig. Doch es wird zunehmend schwieriger, Menschen zu finden, die sich ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagieren.
    Knapp 50 Prozent der Flüchtlinge, die 2015 kamen, sind männlich und unter 30. Das Bildungsniveau ist niedriger als in der deutschen Bevölkerung. Unternehmer Ludger B. lässt sich davon nicht entmutigen, sieht trotzdem auch beim Blick auf die Integration in den Arbeitsmarkt eine große Chance, wenn auch mit hohem Aufwand: In Kooperation mit dem Integrationszentrum Bobingen bildet er in seiner Firma 30 von ihnen zum Industriemechaniker aus und erklärt im Interview mit Jochen Breyer: „Für mich geht Integration nicht ohne Arbeit.
    Arbeit geht nicht ohne Ausbildung, und Ausbildung geht nicht ohne Sprache.“ Doch er handelt nicht aus Nächstenliebe: Wer die Ausbildung besteht, wird übernommen und als Facharbeitskraft auch in anderen Unternehmen eingesetzt. Die Dokumentation zeigt auf: Dort, wo Ehrenamtliche sich einsetzen, Unternehmer sich engagieren, dort schaffen wir es. Doch Integration gelingt nicht überall. Es gibt Probleme, und nur, wenn diese auch benannt werden, kann Deutschland es auf Dauer schaffen. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereMi 26.08.2020ZDF
    • Alternativtitel: Der Querdenker-Effekt - Kann uns Corona spalten?
    Folge 10
    Trotz zweiter Corona-Welle und steigender Todeszahlen: Der Protest der selbst ernannten „Querdenker“ ist nicht verstummt. Was treibt sie an? Wie gefährlich ist das für unsere Gesellschaft? ZDF-Reporter Jochen Breyer ist wieder „Am Puls Deutschlands“, sucht das Gespräch mit denen, die gegen die Hygienemaßnahmen protestieren: Warum glauben sie YouTube-Videos mehr als einer seriösen Studie? Und wie denkt die Mehrheit der Deutschen darüber? Barbara M. aus der Nähe von Tübingen ist eine derjenigen, die im „Corona-Jahr“ das Vertrauen in die Politik verloren haben.
    Die Mutter von drei Kindern wählte immer rot oder grün – und ist jetzt plötzlich „Querdenkerin“. Ihr Hauptkritikpunkt: „Spätestens beim Lockdown, als alles absolut runtergefahren wurde, habe ich mir ausgemalt: Was passiert hinter den Türen, was macht das mit den Menschen? Ich kann nicht vor allem Angst haben und mich verstecken. Das ist meine Lebenshaltung.“ Auch Rainer K. ist mit den Maßnahmen der Politik unzufrieden. Die „Querdenker“-Proteste heute vergleicht der Leipziger mit den Montagsdemonstrationen von 1989: „Wir wurden jahrelang in der DDR falsch informiert.
    Wir haben ja gespürt, was in der Zeitung stand, wie es in der Wirtschaft aussah. Da ist man als DDR-Bürger sehr sensibilisiert für Dinge, die einfach nicht realistisch dargestellt werden.“ Fehlendes Vertrauen in Politik und Medien – für Jörg Sommer vom Berliner Institut für Partizipation eint das viele der „Querdenker“. Ihre Demonstrationen seien unübersehbare Symptome eines Problems, das schon länger bestehe: „Wir sind in einer Situation, in der die ‚Ehe‘ zwischen den politischen Akteuren und kleinen, aber durchaus signifikanten Teilen der Bevölkerung eine zerrüttete Situation darstellt.“ Für ihn geht es darum, mit einer „gewissen Demut“ auf die Protestierenden zuzugehen – ohne die „Querdenker“-Bewegung, die inzwischen vom baden-württembergischen Verfassungsschutz beobachtet wird, zu verharmlosen.
    Miriam S. fällt das schwer. Die Krankenschwester hat erlebt, wie an der „Corona-Frage“ sogar Freundschaften zerbrechen: „Ich wurde von einer Freundin mit irgendwelchen Verschwörungs-Videos zugeballert. Und wenn man selbst an der Front steht und hört sich dann sowas an, denkt man automatisch: Da prallen zwei Welten aufeinander.“ Was sie am meisten ärgert: „Wenn Menschen sagen, dass sie sich die Freiheit nicht nehmen lassen.
    Wo ist bitte schön das Problem? Die Maske schadet doch niemandem.“ Zum vierten Mal in diesem Jahr fühlt Jochen Breyer der Nation den Puls. Wie alle Dokus der Reihe „Am Puls Deutschlands“ haben Breyer und sein Team auch über die Social-Media-Kanäle des ZDF zum Dialog aufgerufen: Unter dem Hashtag #wieunscoronaspaltet wollten sie mehr erfahren über das, was Corona und Corona-Proteste mit unserem Land, mit unserer Gesellschaft machen. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereMi 16.12.2020ZDF
  • Folge 11
    Wie steht es um die Meinungsfreiheit? Wird der Meinungskorridor enger – im Freundeskreis, im Job, in den Medien? Diesen Fragen ist Jochen Breyer für „Am Puls Deutschlands“ nachgegangen. Immer öfter hören Breyer und sein Team, dass „man ja nicht mehr alles sagen dürfe“ – etwa bei Corona-Themen oder in der Flüchtlingsfrage. Hat sich da tatsächlich etwas verändert? Um das herauszufinden, haben sie einen Aufruf gestartet – mit gewaltiger Resonanz. 3000 Kommentare, Hunderte E-Mails – Nachrichten aus einer aufgewühlten Gesellschaft: „Viele verwechseln leider ‚eine Meinung haben‘ mit ‚Rassismus‘“, heißt es da.
    Oder: „Meinungsfreiheit gibt es nur noch in eine Richtung – alles andere wird in die große Nazi-Schublade gepackt.“ Auch für Mareike M. aus Hürth hat sich der Meinungskorridor in letzter Zeit verengt, sie spricht von einer Meinungs- und Gesinnungsdiktatur: „Eine Meinung wird vorgegeben ( …) auch von Zeitungen oder Medien. Und dieser Meinung, der müssen alle folgen. Und wenn man dann wagt, eine kleine Kritik zu äußern, dann wird man sofort in Grund und Boden gestampft.“ Vertriebsleiter Armin P. hat Sorge, mit seiner Meinung allzu schnell in eine Schublade gesteckt zu werden: Der leidenschaftliche Harley-Fahrer hat bereits seit der Flüchtlingskrise 2015 das Gefühl, nicht mehr alles sagen zu können: „Wenn du dich jetzt mit irgendjemandem über Migranten unterhältst, da bist du doch ratzfatz ein Nazi.“ Er wünscht sich mehr Sachlichkeit und mehr Respekt vor der Meinung Andersdenkender.
    Psychologie-Studentin Mirjam M. (22) dagegen sieht eine Geisterdebatte – angezettelt von denen, die Meinungsfreiheit mit Widerspruchsfreiheit verwechseln. „Ich sehe nicht wirklich, dass wir in Deutschland ein Problem mit Meinungsfreiheit haben.
    Zur Meinungsfreiheit gehört ja nicht dazu, dass jede Person sagen kann, was sie möchte, und das im leeren Raum steht. Wenn ich etwas zum Beispiel als sexistisch empfinde, dann sag ich das auch. Und genauso sprechen ja immer mehr Menschen viel lauter auch Rassismus an.“ Etwa Basketballprofi Moses P. Im letzten Sommer hat er eine Petition ins Leben gerufen, in der er die Umbenennung der Berliner U-Bahn-Station „Onkel Toms Hütte“ fordert: „Der Begriff ‚Onkel Tom‘ ist in der afroamerikanischen und Black Community höchst beleidigend.“ 13 000 Menschen haben seinen Aufruf inzwischen unterzeichnet.
    Doch auch Moses sieht, dass viele Menschen Angst vor einer Diskussion haben – aus Angst, man würde sie als Rassist abstempeln: „Menschen werden in die rechte Richtung gedrängt. Die vielleicht gar nicht einmal so rechts sind. Leute, die vielleicht nicht immer politisch korrekt sein wollen, haben auf einmal das Gefühl von Ausgrenzung.“ In der inzwischen elften Ausgabe von „Am Puls Deutschlands“ wird deutlich: In der Debatte um Meinungsfreiheit geht es vor allen Dingen um die Art, wie wir miteinander sprechen. Der Ton ist rauer geworden, Diskussionen oft polarisierend und polemisch. Woran es häufig fehlt? Augenhöhe, Wohlwollen und Respekt. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereMi 21.04.2021ZDF
  • Folge 12
    14 Millionen Wahlberechtigte haben bei der letzten Wahl nicht gewählt. Auch dieses Mal werden viele von ihrem demokratischen Grundrecht keinen Gebrauch machen. Jochen Breyer fragt, warum. Unter dem Hashtag #warumichnichtzur Wahlgehe ist er für die Reihe „Am Puls Deutschlands“ mit denen ins Gespräch gekommen, die sich abgewandt haben vom politischen System: Was frustriert sie? Warum ist Vertrauen in Parteien und Politik auf der Strecke geblieben? Tausende haben auf den Aufruf #warumichnichtzurWahlgehe geantwortet. Ihre Gründe sind so vielfältig wie die Menschen selbst.
    Einige sind der Meinung, dass ihre Stimme sowieso nichts bewirken würde. Andere fühlen sich von der Politik nicht repräsentiert. Und viele, die geschrieben haben, wollten nicht vor laufender Kamera sagen: Ich wähle nicht. Thomas A. aber wollte mit Jochen Breyer sprechen. Der 63-Jährige bezeichnet sich als „Tomorrow Coach“ und leitet in Bruchsal ein Innovationszentrum für Güterlogistik. Für ihn sind zurzeit alle Parteien unwählbar, weil sie keine Antwort auf drängende Zukunftsfragen böten: „Wenn man sich heute die Parteiprogramme anguckt: Es sind doch keine Entwürfe für die Zukunft.
    Das ist wie wenn Sie zwei Zentimeter über die Gegenwart hinausschauen.“ In den Gesprächen kristallisiert sich heraus, dass viele junge Menschen unzufrieden mit der Politik sind. So auch Student Simon B. aus Bochum. Er ärgert sich über Lobbyarbeit und Korruption, will Politiker, die sich von der Wirtschaft vereinnahmen lassen, nicht mit seinem Kreuzchen unterstützen und geht dieses Jahr erstmalig nicht wählen: „Es ist besser, nicht zu wählen, als falsch zu wählen.“ Jule D. schreibt in ihrem Post: „Politik wird nach wie vor für ‚alte weiße Männer‘ gemacht.“ Die alleinerziehende Mutter fühlt sich von der Politik nicht gehört und mit ihren Sorgen allein gelassen.
    Für die Zukunft wünscht sie sich, dass sich „darum gekümmert wird, dass ich die Möglichkeit habe, auch allein meine kleine Familie zu ernähren.“ Berufskraftfahrer Klaus S. ist bei den letzten beiden Bundestagswahlen Zuhause geblieben. Dieses Mal wird er der AfD seine Stimme geben – aus Protest: „Ich gehe davon aus, dass die anderen Parteien mal endlich wachgerüttelt werden.“ Die Sorgen und Wünsche der Menschen trägt Jochen Breyer in dieser Folge von „Am Puls Deutschlands“ auch an die Politik heran, trifft Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble.
    Angesprochen auf die sinkende Wahlbeteiligung räumt dieser Versäumnisse ein: „Wahrscheinlich muss man sich noch mehr um die Menschen kümmern, das ist schon wahr. In dieser Gesellschaft nicht dazuzugehören, ausgegrenzt zu sein oder nicht teilhaben zu können, das ist das große Problem.“ Dass Politik nur für alte Menschen gemacht werde, bestreitet er jedoch vehement. „Wir machen Politik für die Zukunft.
    Was wir heute entscheiden, ist doch für mich nicht mehr so furchtbar wichtig – ich bin 79.“ Dass die Wahlbeteiligung sinkt, hängt für ihn mit der hohen Zufriedenheit der Menschen zusammen: „Wir schätzen die Dinge erst, wenn sie gefährdet sind oder wenn wir sie nicht haben.“ Bereits seit 2017 fühlt Jochen Breyer der Nation den Puls. Für alle Dokus der Reihe rufen er und sein Team zuvor über die Social-Media-Kanäle des ZDF zum Dialog auf. Auch dieses Mal wird wieder deutlich, wie wichtig es ist, einander zu zuhören und die Bedürfnisse anderer ernst zu nehmen. Denn das Gefühl, nicht gehört zu werden, ist Gift für jede Demokratie. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereMi 22.09.2021ZDF

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