Folge 792
Die Märtyrer-Kinder – Im Herzen des Nahostkonflikts
Folge 792 (30 Min.)Die Stadt Jenin liegt im Norden des Westjordanlands. Für das israelische Militär ist sie eine Terrorhochburg – für Palästinenser hingegen ein Zentrum des Widerstands gegen die israelische Besatzung. Seit Jahresbeginn wurden hier dutzende Palästinenser bei Militäroperationen der israelischen Armee getötet, darunter auch Kinder. Und immer wieder verüben junge Männer aus Jenin Terroranschläge auf die israelische Zivilbevölkerung. Ein Team des ARD-Magazins „Monitor“ war über eine Woche lang in Jenin und hatte die seltene Gelegenheit, mit Menschen in Kontakt zu kommen, für die der Nahostkonflikt ein täglicher Kampf ums Überleben ist.
Die Reportage zeigt, warum die Gewaltspirale dieses Konflikts aktuell so eskaliert und wie aus palästinensischen Kindern immer wieder Gewalttäter und „Märtyrer“ werden. Das vergangene Jahr war im Nahost-Konflikt das tödlichste Jahr seit fast 20 Jahren. Unter der neuen, extrem rechten Regierung in Israel verschärfen sich die Spannungen noch weiter.
Dabei spielt Jenin eine Schlüsselrolle, insbesondere das angrenzende Flüchtlingslager. Hier leben tausende Palästinenserinnen und Palästinenser, deren Familien vor Jahrzehnten den israelischen Gebietsansprüchen weichen mussten. Und hier verstecken sich nach Angaben des israelischen Militärs besonders viele Männer, die für Terroranschläge verantwortlich sind. „Es gibt dort sehr viele Waffen und eine riesige Infrastruktur für Terroristen“, sagt Major Nir Dinar, ein Sprecher des israelischenMilitärs.
Was in Jenin passiere, sei mit ausschlaggebend für den Nahostkonflikt insgesamt. Wie ist Jenin in diesen Strudel aus Gewalt geraten? Warum radikalisieren sich dort so viele junge Menschen und was bedeutet die neuerliche Eskalation von Gewalt und Gegengewalt für den Nahostkonflikt? Westliche Kamerateams fahren selten nach Jenin. „Monitor“-Redakteurin Shafagh Laghai war mit ihrem Team eine Woche dort und erlebte die Trauer und Perspektivlosigkeit, aber auch den Fanatismus und die Gewalt, die diesen Ort prägen.
Auch während der Dreharbeiten des „Monitor“-Teams finden Razzien des israelischen Militärs statt, es kommt zu Ausschreitungen mit palästinensischen Milizen, ein unbeteiligter 14-jähriger Junge wird angeschossen. Das Team wird Zeuge davon, wie er wenig später verstirbt. Es sind solche Fälle, die Wut und Hass unter den Palästinensern immer neu schüren – und die immer wieder mit neuer Gewalt und Terror beantwortet werden. Bewaffnete Gruppen, die anderenorts miteinander konkurrieren, haben sich in Jenin zu der sogenannten „Jenin-Brigade“ zusammengeschlossen.
Die militante Gruppe hat gerade viel Zulauf von jungen Männern. In den Straßen der Stadt feiern sie die Ermordung israelischer Zivilisten und glauben fest daran, durch den eigenen Tod zu Märtyrern zu werden. Doch das Team begegnet auch Menschen, die versuchen, diesen Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen – und Inseln schaffen, in denen Kinder von einer Zukunft ohne Gewalt träumen können. Auch wenn gerade niemand in Jenin von Hoffnung reden mag. (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere Do 20.04.2023 Das Erste
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