TV-Kritik: „Time After Time“
Zeitreise-Serie überzeugt durch starke Charaktere
Rezension von Jana Bärenwaldt – 27.03.2017, 12:00 Uhr
Der Trend zur Serie mit Zeitreisethematik ist in dieser US-Saison groß. ABC hat sich für die Adaption seiner neuen Dramaserie „Time After Time“ geradezu den Prototyp aller Zeitreise-Stoffe herausgesucht: den Klassiker „The Time Machine“ (dt. „Die Zeitmaschine“) von H. G. Wells. Ebendieser ist auch die Hauptfigur der Serie und wird dort von Freddie Stroma („UnREAL“, „Game of Thrones“, „Harry Potter“) verkörpert. Die Pilotfolge von „Time After Time“ zeichnet in etwa den Handlungsverlauf des gleichnamigen Films (dt. „Flucht in die Zukunft“) aus dem Jahre 1979 mit Malcolm McDowell nach. Beide Formate basieren auf einer Romanidee von Karl Alexander, wobei die jetzige Serie vom Horror-Spezialisten Kevin Williamson („Scream“-Filme, „Vampire Diaries“, „The Following“) die Idee als Sprungbrett nutzt.
Die Handlung beginnt im Jahre 1893 in London. Dort erzählt der Autor H. G. Wells seinen Freunden bei einem abendlichen Treffen in seinem Haus von seinem Herzensprojekt, der Zeitmaschine. Allerdings erntet er für seine Idee nur Gelächter. Und auch, als er sich als Erfinder enthüllt und seine gebaute, mutmaßliche Maschine präsentiert, löst er nur Kopfschütteln in der Runde aus. Einzig sein Freund Dr. John Stevenson (Josh Bowman, „Revenge“) zeigt ernsthaftes Interesse an Wells Forschung. Und das aus gutem Grund: wenig später erscheint Scotland Yard auf der Bildfläche auf der Suche nach Londons berüchtigstem Serienkiller: Jack the Ripper. Sie haben seine Spur bis zu Wells’ Haus zurückverfolgt und finden schließlich die Beweise, die sie suchen, in Dr. Stevensons Chirurgen-Tasche in Form von blutigen Schlachtmessern und der Halskette einer ermordeten Prostituierten. Ihr Verdacht ist bestätigt, John Stevenson ist der gefürchtete Ripper. Die Nachricht, dass sein Freund ein grausamer Serienkiller ist, nimmt H. G. eher gelassen auf. Allerdings ist er bestürzt als er feststellen muss, dass John mit seiner Zeitmaschine in die Zukunft geflohen ist, genauer gesagt ins New York von 2017. Wells sieht keine andere Möglichkeit, als seinem alten Freund nachzureisen und das Katz-und-Maus-Spiel beginnt.
H. G. Wells wird mittlerweile von der harten Realität eingeholt: durch verschiedene Newsscreens in der Hotel-Lobby wird ihm bewusst, dass die Zukunft nicht der harmonische und friedliche Ort ist – ein aufgeklärtes Utopia – , den er sich immer erträumt hatte, sondern dass auch hier Krieg, Gewalt und Verbrechen an der Tagesordnung stehen. John dagegen fühlt sich wie Zuhause und braucht nur noch eines zum Glücklichsein: die Zeitmaschine samt des Schlüssels, mit dem man sie kontrolliert. Wells hat nicht vor, dem Ripper diese Macht zu überlassen, wird aber auf der Flucht vor ihm von einem Taxi überrascht. Da die Karte von Jane Walker der einzige Kontakt ist, den er bei sich trägt, wird sie vom Krankenhaus kontaktiert. Der angeschlagene Wells erregt ihr Mitleid und so nimmt sie ihn mit zu sich nach Hause.
Erneut wird der Unterschied zwischen John und H. G. verdeutlicht: während Letzterer schon mit der Handhabung eines modernen Rasierapparates überfordert ist, geht John ins Shoppingcenter, gönnt sich eine heiße Dusche und hat auch keine Probleme damit, ein Mobiltelefon zu bedienen. Es erscheint mittlerweile doch sehr fragwürdig, ob sich jemand, der gerade 124 Jahre in die Zukunft gereist ist, so mühelos an sämtliche technische Veränderungen anpassen kann. Es hätte der Serie sicher nicht geschadet, sich für gewisse Aspekte mehr Zeit zu nehmen, zum Beispiel für die Eingewöhnungsphase der Figuren an ihre neue Umwelt. Auch über die Freundschaft von H. G. Wells und John Stevenson in der Vergangenheit erfährt man als Zuschauer nichts, sodass man nur Mutmaßungen anstellen kann. Neben dem (zu) hohen Tempo ist „Time After Time“ teilweise sehr vorhersehbar gestaltet, kann dieses Manko jedoch durch einige Plottwists wieder ausbügeln. Nach und nach werden immer mehr Figuren in die Handlung eingeflochten, die alle in irgendeiner Beziehung zu entweder H. G. Wells, Jack the Ripper oder zu beiden stehen. Die Motive dieser Figuren bleiben dabei noch unklar, was die Spannung erhält. Es wird außerdem ein sich andeutendes, komplexes Netz aus Zeitreisen angedeutet: Wells wird wohl in seinem weiteren Leben seine Ur-Ur-Urgroßenkelin in einer Zeit vor seinem jetzigen Auftauchen in New York City besuchen, womit diese vorgewarnt ist.
„Time After Time“ ist kürzlich in den USA gestartet. Ein deutscher Sender ist noch nicht bekannt geworden. Durch einen Rahmenvertrag mit dem Produktionsstudio Warner Bros. TV dürfte allerdings die ProSiebenSat.1-Gruppe Zugriff auf die Serie haben.
Jana Bärenwaldt
© Alle Bilder: ABC