RTL und sein Samstagsproblem: Was kommt nach „DSDS“?

Show-Alternativen dringend gesucht

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 10.05.2022, 17:30 Uhr

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Die „DSDS“-Jury 2022: Toby Gad, Ilse DeLange und Florian Silbereisen – Bild: RTL/Stefan Gregorowius
Die „DSDS“-Jury 2022: Toby Gad, Ilse DeLange und Florian Silbereisen

Kommentar von Glenn Riedmeier

Am zurückliegenden Samstagabend ging die 19. Staffel von „Deutschland sucht den Superstar“ zu Ende. Die runderneuerte Castingshow konnte auf den letzten Metern zwar noch etwas Schadensbegrenzung betreiben, allgemein fällt das Fazit allerdings ziemlich ernüchternd aus. All die Bemühungen, die Zuschauer zum Einschalten zu bewegen, haben nicht gefruchtet. Mit im Schnitt nur 1,8 Millionen Zuschauern handelte es sich um die schwächste Staffel aller Zeiten, im Vorjahr wurden noch 3,2 Millionen erreicht. Woran dies am Ende gelegen hat, darüber dürften sich der Sender RTL und die Produktionsfirma UFA in den nächsten Monaten den Kopf zerbrechen.

In der Pressemitteilung nach dem „DSDS“-Finale verzichtete RTL darauf, die enttäuschenden Einschaltquoten zu erwähnen, verwies jedoch darauf, dass man sich für die Jubiläumsstaffel 2023 schon jetzt bewerben kann. Im Gegensatz zu „Das Supertalent“, das in diesem Herbst offiziell „pausiert“, hält der Sender also nach aktuellem Stand auch im kommenden Jahr an „DSDS“ fest. Dies dürfte nicht nur daran liegen, dass die Quoten immerhin nicht ganz so katastrophal waren wie beim „Supertalent“, sondern vor allem auch an der Frage: Was soll RTL eigentlich stattdessen senden?

Jahrzehntelang konnte der Sender eine bequeme Haltung einnehmen und sich darauf verlassen, dass mit „Supertalent“ im Herbst und „DSDS“ im Frühjahr rund sieben bis acht Monate im Jahr am Samstagabend für solide Quoten gesorgt ist. Da nun beide Sendungen nicht mehr funktionieren, steht RTL plötzlich vor dem Problem, sich nach 19 Staffeln „DSDS“ und 15 Staffeln „Supertalent“ auf die Suche nach Alternativen begeben zu müssen, die dann auch noch bessere Einschaltquoten erzielen sollen. Es rächt sich nun, dass man es sich in seiner komfortablen Situation etwas zu gemütlich gemacht hat. Zu wenig Gedanken wurden an mögliche Nachfolgeformate verschwendet, da man darauf vertraut hat, dass die Castingshows irgendwie immer weiterlaufen werden. Jüngere Zuschauer können sich an ein RTL ohne „DSDS“ und „Supertalent“ am Samstagabend schon gar nicht mehr erinnern.

Samstagabend ohne Castingshows – Was soll RTL senden?

„Das Supertalent“ kehrt in diesem Jahr nicht mehr zurück RTL/​Stefan Gregorowius

Konkret muss RTL zumindest bis zum Start von „DSDS“ 2023 den Rest des Jahres irgendwie seinen Samstagabend bespielen. Dies kann aber auch eine Chance für Kreative sein: Nach einer sehr langen Phase der Monotonie und Redundanz ist auf diesem Sendeplatz nun endlich wieder großflächig möglich, zu experimentieren und auszuprobieren. In den kommenden Wochen setzt RTL zunächst auf kostengünstiges Schnipselfernsehen: Es werden „Die faszinierendsten Tiergeschichten der Welt“ gezeigt, in „Otto total“ die Highlights von Komikerlegende Otto Waalkes präsentiert und in „Unvergessen“ den „Geheimnissen hinter den kultigsten RTL-Momenten“ auf die Spur gegangen. Im Juni kann RTL dann auf König Fußball zurückgreifen: Der Sender überträgt die deutschen Begegnungen mit Italien und Ungarn in der Gruppenphase der UEFA Nations League.

Womit der Kölner Sender im Anschluss daran und vor allem im Herbst sein Glück am Samstagabend versuchen wird, ist noch nicht bekannt. Sicherlich wird es ein paar neue Ausgaben von „Denn sie wissen nicht, was passiert – Die Jauch-Gottschalk-Schöneberger-Show“ geben, auch „Die ultimative Chart Show“ könnte dafür herhalten, doch damit lassen sich nicht mehrere Monate bestücken. Im Rahmen einer Show-Offensive kündigte RTL vor einiger Zeit zahlreiche Formate an, von denen sich einige für den Samstagabend eignen würden. Allen voran die Neuauflage der „100.000 Mark Show“ mit Ulla Kock am Brink, aber auch „Ich setz auf dich“, eine Art RTL-Antwort auf „Wetten, dass..?“ mit Guido Cantz, würden sich anbieten. Neue Staffeln sind außerdem von „Der König der Kindsköpfe“ und „Zeig uns deine Stimme“ geplant, auch wenn diese Formate bislang nicht am Samstagabend liefen. Etwas überraschend werden die Neuauflage von „Der große IQ-Test“ sowie der „5 gegen Jauch“-Nachfolger „Jauch gegen …“ nicht am Samstag-, sondern am Montagabend gezeigt.

Ulla Kock am Brink präsentierte bereits von 1993 bis 1998 „Die 100.000 Mark Show“ am Samstagabend bei RTL RTL

Potential für den Samstagabend könnte hingegen „Viva la Diva“ haben. Die angekündigte Drag-Promi-Rateshow wandelt auf den Spuren von „The Masked Singer“: In der Sendung verwandeln sich acht prominente Männer in Drag Queens, deren Auftritte von einer Fachjury beurteilt werden. Ein prominentes Panel muss schließlich erraten, wer hinter welcher Queen steckt. Für den späten Samstagabend würden sich außerdem die Neuauflage der Impro-Comedy „Frei Schnauze“ sowie die jüngst verkündete „Cindy aus Marzahn Show“ anbieten. Einen Einblick, was RTL sonst noch so im Köcher für den Samstagabend hat, dürfte der Sender spätestens bei den Ende Juni stattfindenden Screenforce Days geben.

In jedem Fall sollte RTL die sich nun bietende Chance nutzen. Es schadet nicht, eingefahrene Strukturen mal über Bord zu werfen und so viel wie möglich am Samstagabend auszuprobieren. In den 1990ern wechselten sich dort schließlich auch diverse Formate ab – von der „100.000 Mark Show“ über „Traumhochzeit“ bis „Glücksritter“ und „Hausfieber“, bis nach der Jahrtausendwende zunächst „Big Brother“ und anschließend „DSDS“ den Samstagabend vereinnahmten.

Auf der nächsten Seite werfen wir einen Blick zurück auf die zurückliegende „DSDS“-Staffel und ergründen, weshalb sie nicht zum gewünschten Erfolg wurde.

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